Stoppt TTIP & CETA - Kein Sonderrecht für Konzerne!

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Die Verhandlungen zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) sowie mit Kanada (CETA) finden im Geheimen statt. Somit hat die Öffentlichkeit nicht nur keine Einflussmöglichkeit, sie erfährt nicht einmal, was verhandelt wird.

Doch bereits jetzt ist bekannt, dass das TTIP- wie das CETA-Abkommen eine sogenannte Investitionsschutzklausel enthalten soll: Konzernen soll damit die Möglichkeit eingeräumt werden, vor Schiedsgerichten gegen Staaten zu klagen, wenn ihre Gewinnerwartungen durch Gesetzesvorhaben geschmälert werden.

Diese Schiedsgerichte tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Sie sind auch nicht mit Richtern besetzt, sondern mit „Experten“, die von den Interessenparteien berufen werden.

Die Schiedsgerichte stehen über der nationalen Gerichtsbarkeit und lassen keine Berufung zu. Sie stehen nur ausländischen, aber nicht einheimischen Unternehmen offen.

Sie entscheiden über Milliardenbeträge, die der Steuerzahler aufbringen muss.
Die Investitionsschutzabkommen verstoßen gegen die Grundprinzipien des Rechtsstaates. Sie sind nicht nötig, weil Investitionen in den USA, Kanada und der EU schon heute sicher sind.

Wir fordern Sie auf, sich gegen weitere Verhandlungen über das Investitionsschutzabkommen auszusprechen, in einer Weise, die keine Unklarheit zulässt.

Antwort von Anette Kramme, MdB (SPD) befürwortet diese Petition

Sie haben mir via Abgeordneten-Check eine Petition zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) sowie mit Kanada (CETA) zukommen lassen.

EU-Handelsabkommen werden auf EU-Seite von der EU-Kommission (EU-KOM) im Auftrag der 28 EU-Mitgliedstaaten verhandelt. So auch TTIP. Basis für die Verhandlungen stellen das am 17. Juni 2013 vom Ministerrat erteilte Verhandlungsmandat sowie die TTIP-Resolution des Europäischen Parlaments (EP) vom 23. Mai 2013 dar.

Durch den Druck des EP und dabei insbesondere auf das Drängen der Fraktion der europäischen Sozialdemokraten (S&D) hat sich die Informationspolitik der EU-KOM hinsichtlich der TTIP-Verhandlungen grundlegend verändert: Heute sind dem EP alle EU-Verhandlungsdokumente zugänglich. Des Weiteren hat das EP in einem Leseraum Zugriff auf alle konsolidierten Verhandlungstexte, auf die sich die EU- und US-Unterhändler bisher einigen konnten. Dennoch sind in Sachen Transparenz weiterhin deutliche Verbesserungen nötig.

Auch konnten gegenüber der europäischen Öffentlichkeit in Sachen Transparenz deutliche Fortschritte erzielt werden. So informiert die EU-KOM auf ihrer Internetseite öffentlich über ihre Positionen. Wir europäische Sozialdemokraten haben zudem durchgesetzt, dass ein regelmäßiger Dialog zwischen der EU-KOM und Vertretern der Zivilgesellschaft vor und nach den Verhandlungsrunden geführt wird. Auf Initiative des EP hat die EU-KOM des Weiteren einen Dialog durch eine permanente Beratungsgruppe mit 15 Experten aus Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden etabliert. Diese verfügt über Zugang zu den Verhandlungsdokumenten.

Zudem hat es auf Seiten der Mitgliedsstaaten ein Umdenken gegeben. So hat der Ministerrat Anfang Oktober 2014 die Veröffentlichung des TTIP-Verhandlungsmandats beschlossen. Das Mandat legt den Verhandlungsumfang mit den USA fest und stellt den Referenzpunkt dar, an dem sich die EU-Kommission im Rahmen der Verhandlungen orientiert. Es ist deswegen ein grundlegendes Dokument für eine breite, öffentliche Diskussion, dessen Veröffentlichung wir europäische Sozialdemokraten seit Verhandlungsbeginn gefordert haben. Somit wurde ein notwendiger und längst überfälliger Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz getan. Wir Sozialdemokraten haben uns stetig für eine weitere Veröffentlichung von Verhandlungsdokumenten eingesetzt. Die neue EU-KOM hat diese Forderung aufgegriffen und am 25.11.2014 einen deutlichen Schritt zu mehr Transparenz gemacht.

Nichtsdestotrotz werden die Sozialdemokraten im EP auch in Zukunft mehr Transparenz im Rahmen der TTIP- Verhandlungen einfordern. Grundlegende Verhandlungsdokumente müssen ins Internet gestellt werden- auch seitens der USA.

Trotz aller Chancen, die TTIP der europäischen Industrie bieten könnte, gibt es diverse Bereiche, die für die EU nicht verhandelbar sind.

Einen besonders kritischen Punkt im TTIP-Verhandlungsprozess stellt für uns Sozialdemokraten ein möglicher Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) dar. Da dieser Teil des Verhandlungsmandates ist, strebt die EU-KOM an, ihn in ein zukünftiges Abkommen hineinzuverhandeln. Dies tut sie entgegen den Wünschen des EP, welches bereits mehrfach klargestellt hat, dass es den Rechtsweg vor normalen Gerichten und Staat-zu-Staat-Streitbeilegungsverfahren bevorzugt. ISDS würde es Investoren ermöglichen, die EU oder einzelne Mitgliedsstaaten jenseits vom normalen juristischen Verfahren vor internationalen Schiedsstellen direkt auf Entschädigung für entgangene Gewinne oder Enteignungen zu verklagen.

Es gibt aus sozialdemokratischer Sicht viele Probleme mit diesen Schiedsstellen:

Die bisher existierenden Verfahren sind höchst intransparent. Zudem sind viele Formulierungen in den Klauseln derartig schwammig, dass sie Investoren die Gelegenheit bieten, das System für ungerechtfertigte Klagen zu missbrauchen. So könnten private Investoren gegen von souveränen Staaten erlassene Gesetzgebung in wichtigen Bereichen wie Umwelt- und Verbraucherschutz oder Arbeitnehmerrechte vorgehen. Oft reicht allein die Androhung einer Klage, um Gesetzgebung zu verhindern oder zu verwässern.

Ein fehlender Revisionsmechanismus und die Tatsache, dass mit ISDS Investoren Rechte eingeräumt werden ohne ihnen im Gegenzug Pflichten (z.B. die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards) aufzuerlegen, bilden weitere Kritikpunkte.

ISDS zwischen zwei Regionen mit zuverlässigen und entwickelten Rechtssystemen (wie im Falle von TTIP) ist nicht notwendig, und kann, wie bereits anskizziert, im schlimmsten Fall bedenkliche Konsequenzen für die Rechtssetzung gerade im Sozial-, Umwelt- und Gesundheitsbereich haben. Demokratisch herbeigeführte Entscheidungen für das Allgemeinwohl sind aus unserer Sicht jedoch unantastbar.

Für die S&D macht ISDS aber auch ökonomisch keinen Sinn, da völlig klar ist, dass Investitionstätigkeit nicht durch ISDS, sondern Faktoren wie Marktnähe, Steuern oder das unternehmerische Umfeld bedingt werden. Die Beispiele Brasilien und Irland -beide haben keine Abkommen mit ISDS, sind aber sehr attraktive Ziele für Investitionstätigkeiten-, zeigen dies sehr deutlich. Auch Australien hat in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage erteilt. Dies sollte der EU als Vorbild dienen.

Dass ISDS kritisch hinterfragt werden muss, hat auch die EU-KOM erkannt und kürzlich eine reformierte Version der Klauseln im Rahmen des EU-Kanada Abkommens CETA und EU-Singapur Abkommens EUSFTA vorgestellt. Aber auch diese zweifelsohne verbesserten ISDS-Modelle können für uns nicht als goldener Standard herhalten. Sie sind in vielen Definitionen immer noch zu unklar und schließen die Möglichkeit von ungerechtfertigten Klagen nicht zufriedenstellend aus.

Im TTIP-Verhandlungsprozess wurde der ISDS-Teil seitens der EU-KOM sogar für mehrere Monate ausgesetzt, um einer öffentlichen Konsultation zu diesem Verhandlungspunkt Platz zu machen. An dem inzwischen abgeschlossenen Prozess haben sich über 150.000 Bürger, NGOs, Think-Tanks und weitere Interessierte beteiligt. Eine Auswertung dieser Konsultation soll noch vor Ende 2014 vorliegen und im besten Fall eindeutige politische Handlungsempfehlungen mit sich bringen. Das Ergebnis dieser öffentlichen Konsultation wird Grundlage einer breiten Debatte über die Zukunft der EU-Investitionspolitik und Gegenstand intensiver Debatten im EP werden.

Es handelt sich bei ISDS um ein Instrument aus dem vergangenen Jahrhundert, welches in modernen bilateralen Handelsverträgen keine Existenzberechtigung hat. Denn auch ohne diesen Mechanismus wären Investoren nicht völlig auf sich allein gestellt, sondern könnten beispielsweise von den Möglichkeiten von Versicherungen gegen politische Unabwägbarkeiten Gebrauch machen. Eine Alternative besteht in Staat-zu-Staat-Streitbeilegungsverfahren, welche einen gewöhnlichen Bestandteil von Handelsabkommen darstellen. Für die SPD ist klar, dass die veralteten ISDS-Regeln und die bisher vorgelegten ungenügenden Reformvorschläge der Kommission nicht in einem Abkommen enthalten sein dürfen.

Jüngste EP-Debatten zu ISDS machen in diesem entscheidenden Punkt Grund zur Hoffnung: Zurzeit sehen die Sozialdemokraten im EP keine Mehrheit für ein Abkommen mit den veralteten ISDS-Regeln - weder in einem Abkommen mit den USA, noch mit Kanada.

Abschließend darf ich noch auf den Parteitagsbeschluss der SPD zu TTIP hinweisen. Sie finden diesen unter: https://www.spd.de/aktuelles/faktencheck_ttip_ceta/

Mit freundlichen Grüßen

Anette Kramme

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