Stoppt die Griechenland-Rettung!

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Wir fordern, die „Rettungs“-Politik für Griechenland einzustellen. Deutschland darf nicht tiefer in den Schuldenstrudel hineingerissen werden.

Die griechischen Schulden sind nach offiziellen Berechnungen des IWF nicht tragfähig. Griechenland war und ist weder in der Lage noch willig, die geforderten Sparmaßnahmen wirklich nachhaltig umzusetzen. Bereits das erste Paket von 2010 ist wirkungslos geblieben. Dem folglich erforderlichen dritten "Rettungspaket" darf nicht das vierte folgen. Dem würden auch noch das fünfte, sechste und viele weitere folgen. Das ist nicht hinnehmbar.

Hören wir damit auf, die Schulden anderer Länder in einem permanenten Umschuldungs-Prozess weg von den privaten Gläubigern hin zu uns Steuerzahlern zu verschieben. Statt dessen müssen die finanzpolitischen Probleme an der Wurzel angepackt werden.

Antwort von Maria Flachsbarth, 19. Wahlperiode MdB (CDU) gegen diese Petition

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe für das Griechenland-Hilfsprogramm gestimmt, da es meiner Meinung nach die für Deutschland, Griechenland und Europa beste Lösung darstellt. Gern erläutere ich Ihnen meine Beweggründe.

Lassen Sie mich zuerst auf die finanziellen Aspekte eingehen: Grundlage des Hilfsprogramms ist das sogenannte Memorandum of Understanding, eine Vereinbarung über die umzusetzenden Reformen zwischen Griechenland und seinen Partnern. Die Umsetzung dieser Reformen soll

• die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederherstellen,
• die Finanzstabilität sichern,
• für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen sorgen und
• einen modernen Staat mit einer modernen öffentlichen Verwaltung schaffen.

Diese Grundlagenvereinbarung sieht vor, dass Griechenland noch vor Auszahlung der ersten Mittel zahlreiche erste Maßnahmen vorab umsetzt. Dies ist in der Sitzung des griechischen Parlaments vom 13./14. August 2015 auch geschehen.

Zu den Reformmaßnahmen zählen:

• eine grundlegende Modernisierung der Regulierung von Arbeits- und Produktmärkten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltigeren Wachstums,
• Liberalisierung bislang stark regulierter Sektoren wie Energie, Transport und Wasser, bspw. Vermeidung marktbeherrschender Stellungen einzelner Unternehmen,
• Maßnahmen gegen die Korruption in der Verwaltung,
• Umbau des Renten- und Gesundheitswesens zu einem langfristig tragfähigen System; hierzu gehören Maßnahmen zur schrittweisen Rückführung von Frühverrentungsmöglichkeiten und Ausnahmen zum gesetzlichen Renteneintritt mit 67 Jahren,
• Schaffung eines unter Aufsicht der Institutionen stehenden Privatisierungsfonds bis Ende 2015; erste Schritte zur Privatisierung der Häfen von Piräus und Thessaloniki und für den Verkauf von Regionalflughäfen wurden bereits eingeleitet.
• Wiederherstellung von Liquidität und Kapitalausstattung griechischer Banken sowie Gläubigerbeteiligung, Abwicklung notleidender Kredite, Verbesserungen des Privat- und Unternehmens-Insolvenzrechts sowie Stärkung der Unabhängigkeit des Finanzstabilisierungsfonds HFSF und der Banken von Einflussnahmen der Politik,
• Fortsetzung von Reformen im öffentlichen Finanz- und Beschaffungswesen; Verbesserungen beim Abruf von Mitteln aus EU-Strukturfonds sind bereits umgesetzt,
• Modernisierungen des Steuerrechts und der Steuererhebung; verabschiedet wurden bereits Maßnahmen zur Abschaffung von Mehrwertsteuervorteilen auf den griechischen Inseln bis 2016 und übermäßiger Pfändungsfreigrenzen sowie die Verschärfung von Teilzahlungsmöglichkeiten von Steuerschulden oder Sozialabgaben und
• eine umfassende Überprüfung der Sozialfürsorge mit Unterstützung der Weltbank bis zum Jahresende 2015, um deren Effizienz zu erhöhen und um eine fiskalische Reformdividende im Umfang von 0,5 Prozent des BIP zu erzielen.

Nicht alle vorgesehenen Maßnahmen sind schon jetzt unumkehrbar umgesetzt. Weitere Schritte stehen aus. Daher ist es wichtig, dass weiterhin regelmäßige Programmüberprüfungen vorgesehen sind und die Hilfskredite nur in Tranchen und abhängig von diesen Überprüfungen ausgezahlt werden sollen. Es gibt also keine Hilfe ohne Gegenleistung!

Dass der Ansatz von Hilfen und Reformen nicht nur in Irland, Portugal und Spanien, sondern auch in Griechenland funktionieren kann, hat die Entwicklung des Jahres 2014 gezeigt, als sich die wirtschaftliche und finanzielle Lage in Griechenland deutlich aufgehellt hatte. Damals hat sich gezeigt, dass Hilfsprogramme nur dann sinnvoll sind, wenn sie Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Unser Ziel war und ist die Rückgewinnung der Handlungsfähigkeit Griechenlands sowie seinen erfolgreichen Zugang zu den Kapitalmärkten. Griechenland muss dazu die Reformen umzusetzen, seinen Rückzahlungspflichten pünktlich und vollständig nachzukommen und etwaige soziale Maßnahmen mit fiskalischen Auswirkungen nur in Abstimmung mit den Institutionen, also der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission umzusetzen.

Lassen Sie mich ein paar Argumente anführen, die über die derzeitige griechische Finanzkrise hinausgehen: Europa ist mehr als eine Wirtschaftsgemeinschaft. Europa ist eine Wertegemeinschaft. Menschenrechte, Frieden, Demokratie, Solidarität und Wohlstand sind Werte, an die wir uns gewöhnt haben, die wir aber trotzdem täglich verteidigen müssen. Dies gilt nicht nur für die armen Mitgliedstaaten, sondern auch und gerade für Deutschland. Denn unser Land ist das Land, das von dem europäischen Einigungsprozess und der Europäischen Währungsunion am meisten wirtschaftlich und politisch profitiert hat. Der Wiederaufstieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg wäre ohne die EWG nicht oder nicht so rasch möglich gewesen. Wenn man bedenkt, dass die Bundesrepublik Deutschland 2014 Güter und Dienstleistungen im Wert von 657,3 Milliarden € in die EU und solche im Wert von 414,2 Milliarden € in die Länder der Europäischen Währungsunion exportiert hat, wird klar, wie wichtig Europa für uns ist. Auch die Herausforderungen, denen sich Europa durch die vielen Flüchtlinge ausgesetzt sieht, werden wir nur solidarisch bestehen können. Obwohl die Reaktionen aus vielen Hauptstädten in der letzten Zeit in dieser Hinsicht eher verhalten waren, bin ich fest davon überzeugt, dass wir auch hier eine europäische Lösung finden werden.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf eine mögliche Alternative zu dem Hilfsprogramm eingehen: Griechenland würde ohne das Hilfsprogramm insolvent und würde selbst dann die Euro-Zone nicht erzwungen, sondern freiwillig verlassen. Diese Lösung hätte zweifellos den Charme der „klaren Kante“. Jedem könnte man ganz einfach erklären, dass derjenige, der über seine Verhältnisse gelebt hat, dafür mit der Staatspleite zahlen muss. Das hört sich konsequent an – aber wie sieht es aber mit den finanziellen Folgen für die Bundesrepublik Deutschland aus? Zunächst einmal wäre dies der totale Schuldenschnitt. Das würde bedeuten, dass Griechenland niemals und unter keinen Umständen auch nur einen Euro seiner Schulden bei Deutschland zurückzahlen würde. Anders gesagt: Unser Geld wäre unter Garantie weg!

Dabei bliebe es aber nicht. Wir müssten im Rahmen der Beistandspflicht in der Europäischen Union in einem erheblichen Umfang humanitäre Hilfe leisten und Mittel für den Wiederaufbau des Landes bereitstellen. Ob das billiger wäre, wage ich zu bezweifeln. Dazu käme noch ein Erosionsprozess, der die Europäische Union aushöhlen und destabilisieren würde. Ich glaube nicht, dass ich im Einzelnen ausführen muss, welche Konsequenzen dies in einer globalisierten Welt mit mächtigen Wirtschaftsblöcken haben würde. Europa verkäme zu einer unwichtigen Figur auf dem Schachbrett der Mächtigen. Auch das können wir nicht wollen.

Dies sind nur einige Gründe dafür, warum ich für dieses Hilfspaket gestimmt habe. Möglicherweise wäre es viel leichter gewesen, wenn ich mich im Interesse der „klaren Kante“ dagegen ausgesprochen hätte. Manchmal erfordert es aber noch mehr Mut, sich für eine unpopuläre, schwer nachvollziehbare Lösung im Interesse unseres Volkes auszusprechen. Diesen Weg habe ich beschritten.

M. Flachsbarth

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