Stoppt TTIP & CETA - Kein Sonderrecht für Konzerne!

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Die Verhandlungen zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) sowie mit Kanada (CETA) finden im Geheimen statt. Somit hat die Öffentlichkeit nicht nur keine Einflussmöglichkeit, sie erfährt nicht einmal, was verhandelt wird.

Doch bereits jetzt ist bekannt, dass das TTIP- wie das CETA-Abkommen eine sogenannte Investitionsschutzklausel enthalten soll: Konzernen soll damit die Möglichkeit eingeräumt werden, vor Schiedsgerichten gegen Staaten zu klagen, wenn ihre Gewinnerwartungen durch Gesetzesvorhaben geschmälert werden.

Diese Schiedsgerichte tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Sie sind auch nicht mit Richtern besetzt, sondern mit „Experten“, die von den Interessenparteien berufen werden.

Die Schiedsgerichte stehen über der nationalen Gerichtsbarkeit und lassen keine Berufung zu. Sie stehen nur ausländischen, aber nicht einheimischen Unternehmen offen.

Sie entscheiden über Milliardenbeträge, die der Steuerzahler aufbringen muss.
Die Investitionsschutzabkommen verstoßen gegen die Grundprinzipien des Rechtsstaates. Sie sind nicht nötig, weil Investitionen in den USA, Kanada und der EU schon heute sicher sind.

Wir fordern Sie auf, sich gegen weitere Verhandlungen über das Investitionsschutzabkommen auszusprechen, in einer Weise, die keine Unklarheit zulässt.

Antwort von Martina Stamm-Fibich, MdB (SPD) befürwortet diese Petition

Sehr geehrter Herr Huber,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 6. Dezember 2014, in dem Sie Kritik am Vorgehen der SPD-Bundestagsfraktion hinsichtlich der Handelsabkommen TTIP und CETA üben.

Die Verhandlungen zu TTIP und CETA sind äußerst komplex und medial sehr präsent. Dies führte dazu, dass viele einzelne Punkte, die teilweise tatsächlich kritisch betrachtet werden müssen, vermischt wurden und eine differenzierte Beschäftigung mit den einzelnen Inhalten erschwert wurde.

Zunächst möchte ich das Missverständnis aufklären, Investitionsschutz sei gleichbedeutend mit den Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS). Die beiden Klauseln müssen unabhängig voneinander beurteilt werden. Investitionsschutz ist ein Regelwerk, das Rechte und Pflichten von Investoren betrifft. Hier soll vor allem geregelt werden, dass ausländische Investoren so behandelt werden wie inländische, also vor allem dass erstere nicht benachteiligt werden. Dieses Kapitel ist nach Auffassung der SPD nicht unbedingt erforderlich, da es bereits sehr strenge Regelungen zum Investorenschutz gibt.

Das Regelwerk kann dann in einem Investor-Staat-Schiedsverfahren durchgesetzt werden – muss es aber nicht notwendigerweise. Ihre Kritik am Investor-Staat-Schiedsverfahren kann ich nachvollziehen. Dennoch ist hier eine differenzierte Sichtweise notwendig. Die SPD lehnt Investor-Staat-Schiedsverfahren prinzipiell ab. Die Mitgliedstaaten der EU sowie der USA oder Kanadas haben hochentwickelte Rechtssysteme, vor denen eine Durchsetzung von Rechtsmitteln ohne außergerichtliche Lösungen möglich ist. Ich stimme Ihnen zu: Der Investitionsschutz sollte von öffentlichen Gerichten ausgelegt werden und nicht von privaten Schiedsgerichten. Auch ich kritisiere die Absicht, hier Schiedsgerichte entscheiden zu lassen, die oft von privaten Anwälten besetzt werden, welche wiederum durchaus privatwirtschaftliche Interessen vertreten.
Ein Staat-Staat-Streitbeilegungsverfahren mit klar definierten Regeln könnte hier aber aus meiner Sicht Abhilfe schaffen. Wichtig wäre dann, dass diese Verfahren öffentlich und transparent verlaufen, dass hauptamtliche Richter eingesetzt werden, dass die Möglichkeit zur Berufung besteht und dass das Investitionsrecht kodifiziert wird und durch Präzedenzfälle erweitert werden kann. Insbesondere TTIP befindet sich aktuell noch im Verhandlungsstatus. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel setzt sich dafür ein, dass Investor-Staat-Schiedsverfahren nicht in die Verträge aufgenommen werden und falls doch, dann in der von mir dargelegten veränderten Form als „Schlichtungsinstrument“. Aber – und das ist nun die differenzierte Sichtweise – die Bundesrepublik Deutschland kann es sich nicht leisten, als einziger Staat gegen das Abkommen zu stimmen, weil dieser Passus abgelehnt wird. Deshalb erklärte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel jüngst, dass unter Umständen Investor-Staat-Schiedsverfahren aufgenommen werden müssen. Sollten die Verhandlungen anderweitig scheitern, müsse man darüber nachdenken, das Abkommen dennoch zu unterzeichnen, um nicht das ganze Abkommen zunichte zu machen.

Denn trotz der oft harschen Kritik an TTIP und CETA möchte ich doch auch darauf hinweisen, dass die Abkommen auch positiven Fortschritt und Verbesserungen bringen – jenseits des so oft genannten Wirtschaftswachstums. Im Bereich Medizintechnik beispielsweise haben die USA wesentlich höhere Standards als die Europäische Union. In der EU können Medizinprodukte mit CE-Kennzeichnung nach Prüfung durch eine benannte Stelle – z.B. TÜV – eines Mitgliedsstaates zugelassen werden. In den USA ist dagegen eine Zulassung durch die staatliche Institution Federal Drug Administration (FDA) erforderlich. Für mich als Gesundheitspolitikerin ist dies ein wichtiger Punkt, sich ernsthaft mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die die genannten Freihandelsabkommen bieten. Weitere Chancen bietet das Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union im Bereich Arbeitsschutz. Die so genannten Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale Arbeitsorganisation) garantieren hohe soziale Standards, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz. Sie sollen maßgeblich sein für die Verhandlungen im Bereich Arbeitsschutz. Außerdem soll im Zuge der Verhandlungen ein Mechanismus aufgenommen werden, der dafür sorgt, dass die ILO-Kernarbeitsnormen auch durchgesetzt werden.
Nicht in allen Bereichen sind die Mitgliedstaaten der EU ‘Qualitäts- und Sicherheitsexperten‘. In diesen Bereichen kann ein Handelsabkommen Ansporn zu Verbesserung sein. Und gleichzeitig gilt dies umgekehrt – in vielen Bereichen können die USA ihre Standards erhöhen, um künftig qualitativ hochwertigere Produkte zu produzieren. Ziel der Freihandelsabkommen ist es nicht, Standards abzusenken, sondern vielmehr eine bessere Vereinbarkeit der Regelungen in den USA und der EU zu erreichen.

Themen, die auch nur annähernd so komplex sind wie TTIP oder CETA rufen unweigerlich auch Widerspruch hervor. Und ich sehe dies als positives Zeichen für unsere Demokratie, in der eine aktive Zivilgesellschaft ihre Souveränität ernst nimmt und sich einmischt. Dennoch betrachte ich es als äußerst kritisch, wenn Debatten nicht mehr differenziert geführt werden, sondern zu einseitig ablehnend. Komplexe Debatten können nicht in Schwarz oder Weiß eingeteilt werden, meist ist die Mitte der richtige Weg, Grau die adäquate Farbe, um gesellschaftliche und politische Debatten konstruktiv zu führen.

Ich setze mich – im Rahmen meiner Möglichkeiten – gerne dafür ein, dass die Verhandlungen zu TTIP transparent geführt werden und dass differenziert Kritik an kritikwürdigen Punkten geübt wird.

Sie kritisieren auch die fehlende Transparenz der Verhandlungen. Hier muss auch aus meiner Sicht noch nachgebessert werden. Allerdings setzt der mit dem Verhandlungspartner USA verabredete Rahmen bestimmte Grenzen bei der Veröffentlichung von Verhandlungsdokumenten.
Konsolidierte Texte für einzelne Kapitel gibt es bislang noch nicht. Eine Fülle von sogenannten Konzeptpapieren finden Sie jedoch auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/ttip.html) und auf der Homepage der Europäischen Kommission (http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.html).

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position plausibel darlegen. Sollten Sie Rückfragen oder weitere Fragen an mich haben, dürfen Sie sich gerne jederzeit an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich

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